Der Bestialität begegnet man im alltäglichen Sprachgebrauch meist im Sinne eines Superlativs: abgeleitet von lateinisch bestia wird damit eine maßlose Form der Grausamkeit bezeichnet, die die Grenzen des Menschlichen — und damit auch des vermeintlich Kultivierten — überschreitet. Der suggestive Exkurs in zoologische Gefilde dient dabei vor allem als Metapher für all das, was die gewohnte, humane Ordnung übersteigt oder sich dieser nicht fügt. Dass für solche Transgressionen aber nicht zwingend Ungeheuer oder sonstwie überzeichnete Monstrositäten nötig sind, möchte die vorliegende Ausgabe vorführen. Den verbindenden Ausgangspunkt aller Beiträge bildet daher eine Auffassung des Bestialischen, die weniger superlativische Ausprägungen anvisiert, als eine unscheinbare Bestialität im Komparativ: Es geht uns um die alltäglichen und (un)heimlichen Exzesse innerhalb der zoologischen und allgemeinen Ordnungssysteme, die stets auf's Neue die Grenzlinien zwischen Sinn und Unsinn, zwischen Normalität und Exzess ausloten und neu verhandeln. Gemeint sind also jene bestialischen Momente, die von unseren Ordnungsvorstellungen und -versuchen bis zu einem gewissen Grad selbst hervorgebracht werden: als irritierende Verzerrungen und Unschärfen, die mitten in den wohlsortierten Netzen des Denkens und Wahrnehmens zu Verwerfungen führen und so ihre ganz eigene "Animalität" behaupten. Die Ausbrüche aus werden zu Einbrüchen innerhalb der Ordnung, wo sich die befremdlichen Gäste (ein)finden, um zu fragen: nach den Orten, Wegen und Prozessen dieses Bestialischen, nach den Figuren, Leerstellen und Fluchtpunkten des widerstrebenden Imaginären.
Dementsprechend kann ein Heft, das sich allen möglichen Spielarten des Unmoralischen, Obszönen und erfolglos Ausgeklammerten widmet, nicht viel mehr zu sein beanspruchen, als eine Topik, ein theoretisch/literarisch/künstlerischer Setzkasten also, der Beiträge versammelt, die solchen Momenten einer unheimlichen Bestialität, metaphorisch und unmetaphorisch, nachgehen. Was zwischen den Ordnungen wuchert und abdriftet, soll gezeigt, beispielhaft hervorgeholt werden: als Bestandsaufnahme all der produktiven, irritierenden und schönen Schatten hinten dem Gewöhnlichen.
|
|
|
Peter Greenaway:
|
Die anlage für obszöne Tiere
|
Markus Köhle:
|
Forellendreier
|
Elena Peytchinska & Thomas Ballhausen:
|
Mantis. Reflexion und Methode.
|
Lydia Haider: |
Sein Abgesang, der Aufgesang: Oh Missetun der Musen
|
Esther Strauß:
|
Have gone for a long walk. Will be home tomorrow.
|
Sophie Reyer:
|
Schildkrötentage
|
Franz Dodel: |
Der Elefant
Die Hummel
|
Katharina Müller:
|
Der Krake. ein unattraktiver, formloser und schleimig-aufgeblasener Text mit acht Fußnoten
|
G.H.H.:
|
Bestiaire d'amours
|
Marion Steinfellner:
|
Gedichte
|
Chris Saupper im Gespräch mit Hannah Bruckmüller:
|
"Es ist so kalt da unten, man hört nichts"
|
Johan Reißer:
|
Vier Tiertotenbilder
|
Alexander Estis:
|
Wesen
|
Mikael Vogel:
|
Japangedichte
|
mahler:
|
Gedichte
|
|
|
|